mercredi 2 décembre 2009

eigentlich wollte

ich nichts dazu schreiben, dass in der Schweiz Muslime keine Türme mehr vor ihre Gebetsräume bauen dürfen sollen (es gibt derer laut taz vier Stück in der Schweiz). Nun werde ich zumindest diesen Beitrag voller Selbstverständlichkeiten verlinken mit lauter Erkenntnissen zur legitimatorischen Funktion von Mehrheitsbeschlüssen, die unser Schulsystem eigentlich vermitteln sollte.
Leider scheint sich jedoch der durchschnittliche Staatsbürger nicht klar zu machen, dass nicht die Mehrheit einer Schulklasse legitim beschließen kann, dem hässlichen Kind die Ohren abzuschneiden, sondern dass zum Ideal der Demokratie mehr gehört als nur abzustimmen.

3 commentaires:

Oliver Stirböck a dit…

mal wieder schön auf den Punkt gebracht.

mawa a dit…

Felix dekliniert das Problem wirklich bestens durch. Ich möchte noch anfügen, dass mir das Minarettverbot bereits rein rechtpositivistisch dadurch illegitim scheint, dass es ein Einzelfallgesetz darstellt. Eine diesbezüglich einwandfrei formulierte Klausel ("Religionsgemeinschaften, die X, ist es verboten, ortsbilddominierende Gebäudeteile zu errichten") wäre wohl schon an Hand der Schwierigkeit, sich auf ein X zu einigen, im Vorfeld gescheitert bzw. selbst im Falle der Annahme je nach X angreifbar geworden.

Ich gehe davon aus, dass entweder die Architektur der Schweizer Verfassung oder zumindest der Pipeline, die die Legitimität von Referendumsvorschlägen prüft, fehlerhaft ist oder aber bei dieser Vorprüfung handwerkliche Fehler gemacht worden sind.

Felix Neumann a dit…

Die Architektur der Verfassung ist kaputt. Art. 139 der Schweizer Bundesverfassung legt als einzelne Erfordernisse Einheit von Form und Materie (also rein formale Kriterien) und die Übereinstimmung mit zwingend anzuwendendem Völkerrecht fest. Eine Prüfung, die darüber hinausgeht, findet nicht statt; das Bundesgericht, das höchste Schweizer Gericht, hat keine Verfassungsgerichtsbarkeit und darf damit auch Referenden nicht prüfen.

(In den Kommentaren zu »Mehrheit und Wahrheit« wird das diskutiert.)

Bemerkenswert ist das Protokoll einer Schweizer Bundesratssitzung, bei der eine Inititative zur Einführung einer Grundrechtsüberprüfung diskutiert wird – da sieht man sehr gut, was für eine völlig andere politische und Rechtskultur die Schweiz hat.